Der Schwärmflug der ersten Buchdruckergeneration steht im Landkreis Tuttlingen kurz bevor, das ist der gefährlichste Borkenkäfer an der Baumart Fichte. Dann wird sich zeigen, wie ernst die Situation in unseren Wäldern ist. In den letzten Jahren hat sich die Population stetig aufgebaut, und damit wurden auch die Schäden immer mehr. Die trockenheißen Sommer hatten dafür gesorgt, dass zum einen die Feinwurzeln unserer Waldbäume, die zur Wasseraufnahme so wichtig sind abstarben und die rindenbrütenden Käfer optimale Brutverhältnisse hatten. Durch den Trockenstress sind vor allem unsere Nadelbaumarten Fichte und Tanne besonders anfällig für Angriffe der riesigen Anzahl von Käfern. In Emmingen-Liptingen hat das Kreisforstamt zur Bewältigung der Schäden aus Windwürfen, Borkenkäfer und Schneebruch sogar eine Allgemeinverfügung erlassen.
Inwieweit der feuchtnasse Frühling die Situation entspannt hat ist nur schwer abzuschätzen. Durch den vielen Regen sollten die Bäume neue Feinwurzeln ausbilden, damit sind sie dann erst in der Lage vom vielen Regen auch zu profitieren. Die Brutbilder sind ortweise nicht optimal ausgebildet, manche sind verpilzt, bei anderen sind die Larven von Parasiten wie Brackwespen befallen.
Wenn die fertigen Käfer aus den Brutbildern ausschwärmen suchen sie sich einen neuen Wirtsbaum, in dem sie abermals eine neue Generation anlegen. Unter perfekten Bedingungen entstehen so in einem Sommer 3 Generationen. Die Bäume, aus denen sich die fertigen Käfer ausbohren zeigen uns, wo aktueller Käferbefall ist, wir erkennen sie an abfallender Borke knapp unter der Krone und röttend und schüttenden Nadeln. In ihrem Umfeld und dort wo im letzten Jahr schon Käferbefall war sollte die Suche nach neu befallenen Bäumen starten. Wenn sich die Käfer neu einbohren hinterlassen sie Spuren: Braunes Bohrmehl rieselt in die Rindenschuppen am Stammfuß oder verfängt sich in Spinnweben oder im Moos. Manchmal sieht man auch Harztröpfchen oder Harzbahnen. Genau diese Bäume müssen gefunden werden: Von ihnen geht die große Gefahr aus, sie müssen gefällt und an den Waldweg gebracht werden. Entweder sie werden dann aus dem Wald verbracht, entrindet oder begiftet – damit die Käfer der nächsten Generation sich nicht noch einmal fortpflanzen können.
Das Kreisforstamt empfiehlt, die Privatwälder nun ab sofort und während des Sommers mindestens im zweiwöchentlichen Turnus zu kontrollieren. Erkannter neuer Befall muss sofort und konsequent eingeschlagen und entseucht werden. Unter Trockenstress leiden auch angeschobene, hängende oder liegende Bäume mit vermindertem Wurzelkontakt. In den südlichen Regionen des Landkreises hat das mittlerweile zu erheblich entwaldeten Schadflächen gesorgt. Wer Fragen zur Aufarbeitung und zur Aushaltung hat soll sich an die zuständigen Revierleitenden wenden.
Die Daten für die Prognosen stammen aus der Auswertung von Fängen in Borkenkäferfallen. Rechnergestützte Modelle verarbeiten die Fangzahlen und erstellen Grafiken, aus denen Vorhersagen getroffen werden können. Das Institut für Forstentomologie, Forstpathologie und Forstschutz an der Universität Wien hat das Prognosemodell „Phenips“ entwickelt und „füttert“ es auch mit Daten aus dem Landkreis und der Region. Die Daten werden ständig aktualisiert und liefern kalenderwochenscharf die Generationsentwicklung. Für den Landkreis Tuttlingen sind die Werte von Geisingen für die tieferen Lagen im Kreis und von Meßstetten für die höheren Lagen interessant. Die Entwicklungstrichter zeigen den maximalen und den minimalen Entwicklungsverlauf der Generationen. Außerdem sind im Tabellenteil der aktuelle Entwicklungsstand und die Prognose für die nächsten 7 Tage aufgeführt. Deutlich zu sehen ist, dass sich neben der ersten Generation auch die Geschwisterbrut dieser Generation entwickelt. Von Geschwisterbruten spricht man, wenn die Käfer, die die Brut der ersten Generation auch noch eine weitere Brut anlegen.